Daumenkino mit Volker Gerling
Volker Gerling verbringt 17 Stunden vor einem Plattenbau, um die Lichter in den Fenstern aufzunehmen oder knipst 20 Stunden lang Fotos auf der Herrentoilette. Wirklich gute Daumenkinos erfordern eben wirklich viel Zeit. Nicht nur beim Fotografieren, auch in der Dunkelkammer: „Ich mache die Daumenkinos aus Handabzügen auf Fotopapier. Das ist sehr zeitaufwändig.“ Im Maxoom-Kino am Ökopark zeigt der Daumenkinograf Werke wie „Zwei Männer mit Maske“, „Frau auf Barhocker“ oder „Mädchen mit langen und kurzen Haaren“. Er hält seine Daumenkinos unter eine Kamera, die das Gefilmte auf die Großbildleinwand im Maxoom-Kino überträgt – „Daumenkino XXL“ sozusagen.
Zwischen den Vorführungen gibt Gerling einen Einblick in sein Künstlerdasein. Die BesucherInnen erfahren, dass er sein Küchentablett als Bauchladen umfunktioniert hat und damit auf Wanderschaft mit seinen Daumenkinos ging. Es sei am Anfang schon eine ziemliche Überwindung gewesen, wildfremde Menschen anzusprechen, erklärt er. Gerling konnte aber schon bald vom Herzeigen seiner Daumenkinos überleben. Meist ging er auf Plätze, an denen er auf kunstinteressierte Menschen zu treffen hoffte. „Irgendwann wollte ich aber herausfinden, welchen Wert meine ‚Wanderausstellung‘ hat“, erzählt Gerling von seinen ersten Plänen, auf Wanderschaft zu gehen. 2003 marschierte er los – mit verhaltenen Erwartungen: „Mir war schon klar, dass ich nicht als reicher Mann zurückkomme.“ Gerling war aber genügsam: Fünf Euro am Tag reichten ihm zum Überleben.
Auch heute begibt sich der Daumenkinograf noch gerne auf Wanderschaft. Dass ihn manche Leute belächeln und ihn Kommentare wie „Mensch du musst aber Langeweile haben, wenn du rumgehst und den Menschen deine Daumenkinos zeigst“ an den Kopf werfen, goutiert er mit einem Lächeln.
Freitag, 06. Mai 2011