Diskussion mit MARTIN KRAMMER

Martin Krammer ist Kurator der Foodline / Designmonat der Creative Industries Styria und arbeitet als Kulinariker unter anderem mit „Meislmichl“ zusammen.

Martin Krammer vergleicht Essen mit Architektur: Beide sind Gestaltungsprozesse. „Ob man etwas kocht oder plant, es kommt immer ein Produkt dabei raus.“ Das Kochen geht jedoch schneller und hat einen körperlichen Aspekt, da man isst. Architektur hingegen ist etwas Längerfristiges, das Zeit in Anspruch nimmt und oft Jahre dauert, ehe ein fertiges Produkt entstanden ist. Doch wie in der Architektur, spielt auch beim Essen Design eine wichtige Rolle: „Wir lieben Bilder von kleinen Kindern und netten Bauern vor Milchkannen, doch eigentlich wissen wir, dass Molkereien ganz anders aussehen“, resümiert Krammer und kritisiert dabei die Dominanz des Designs in der Produktherstellung. Er fordert die KonsumentInnen auf, sich nicht täuschen zu lassen.
    
Krammer erklärt, dass in dem Ausmaß, in dem das Kochen abnimmt, der Umsatz der Kochbücher und das Konsumieren von Kochsendungen zunehmen. Das Kochen ist zur Unterhaltung geworden, der Besitz von teuren Kochbüchern zum Statussymbol. Auf die Frage, was er verändern würde, wäre er politisch tätig, verweist Krammer auf das heute vorherrschende Luxusproblem: „Wir jammern auf hohem Niveau“, kritisiert er und berichtet von seinen Erfahrungen in Eritrea, dem drittärmsten Land der Erde: „Die Menschen dort müssen Müll essen, sodass die Problematik der Ernährung und des Konsums in westlichen Ländern, so auch bei uns, banal erscheint.“ Rund 80 Prozent der Weltbevölkerung leiden an mangelnder oder schlechter Ernährung; hier müsste angesetzt werden, fordert Martin Krammer.

Samstag, 07. Mai 2011