Diskussion mit MANFRED SCHMUTZER

Manfred Schmutzer ist emeritierter Universitätsprofessor und absolvierte mehrere Studien im In- und Ausland. Sein Fachgebiet ist Wissenschafts- und Techniksoziologie. Darüber hinaus ist er Autor, Koautor und Herausgeber zahlreicher Publikationen.

„Wenn der Zufall nicht die Chance hat, Zufall zu sein, findet er nicht statt.“

Manfred Schmutzer hebt hervor, dass sich sein Denken von jenem der beiden Vortragenden vor ihm unterscheidet. „Es scheint nicht so abgestimmt zu sein auf ein individualistisches Weltverständnis, wo das Wichtigste zu sein scheint, dass man als Individuum kreativ ist und wo man sich scheinbar nicht die Frage stellt, ob diese individuelle Kreativität nicht nur ein historisches Ergebnis ist, sondern überhaupt der Ausdruck einer viel größeren Kreativität, die vorhanden sein muss, dass individuelle Kreativität überhaupt möglich wird.“ Als Beispiel nennt er die Entstehung dessen, was wir heute gemeinhin als Wissenschaften bezeichnen, und verweist dabei auf die Rolle des Zufalls. Historisch gesehen etablierten die Griechen als erste europäische Hochkultur Wissenschaften. Ab einem gewissen Zeitpunkt existierte parallel dazu die römische Kultur. Im Unterschied zu Griechenland entwickelte Rom jedoch keine Wissenschaften – mit Ausnahme der Rechtswissenschaften. „Eigentlich müsste man doch annehmen, wenn die Römer diese Eroberungen machten, dass sie sich mit einem gewissen Interesse auf diese Erkenntnisse, die sie noch nicht hatten, konzentrieren und diese weiterführen, doch das haben die Römer unterlassen“, erklärt Schmutzer. Das Problem liegt aus seiner Sicht bei der römischen Eroberungskultur, die viel Wissen ignoriert hat, anstatt ebendiese Wissenschaften anzunehmen und weiterzuentwickeln. Eingedenk dessen plädiert Schmutzer für die Schaffung von Freiräumen, die Wissen und Wissensentwicklung ermöglichen. Hierfür benötigt es auch politische Bildung, also nicht nur Wissen, sondern auch Mut, der es jemandem erlaubt, etwas zu sagen, auch wenn es nicht im unmittelbaren Interesse der professionellen Perspektiven liegt: „Wir müssen den Mut und das Können entwickeln, politisch miteinander umzugehen und die Freiräume tatsächlich entstehen zu lassen.“

Samstag, 18. Mai 2013