WIRTSCHAFT UND INNOVATION

Michael Steiner ist Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Graz und gilt als einer der führenden Experten in den Bereichen regionalwirtschaftliche Entwicklung, technologischer Wandel, Wirtschaftspolitik, aber auch im Bereich der Integration auf europäischer Ebene. Er arbeitet darüber hinaus als Experte für die Europäische Kommission, der OECD und der World Bank.

Michael Steiner hebt in seinem Vortrag die Rolle Joseph Schumpeters hervor, der nicht nur österreichischer Finanzminister und Bankdirektor, sondern auch von 1911 bis 1922 Professor an der Universität Graz war. Er bezeichnet Schumpeter als den „Papst der Innovationstheorie in der Ökonomie“ und bezieht sich in weiterer Folge auf dessen Thesen zur wirtschaftlichen Innovation. Diese kombinieren im Wesentlichen Altes und Neues, wobei Neuigkeit den Nutzen erhöht. Dieser Nutzen manifestiert sich nicht nur monetär, sondern auch gesellschaftlich. Innovation bedeutet, dass neue Produkte auf den Markt kommen und alte verdrängen, sofern sie akzeptiert werden. Jenseits der neuen Produkte gibt es laut Schumpeter auch neue Prozesse; wir verwenden und verarbeiten effizienter. Steiner führt das Beispiel computergesteuerter Maschinen statt simpler Fließbandarbeit als typische Innovation an. Jenseits dessen verweist Steiner auf innovative neue Organisationsformen, welche die Formen des (Zusammen-)Arbeitens neu definieren. Nicht zuletzt bedeutet Innovation auch das Entdecken neuer Märkte für Produkte, was einerseits eine geographische, andererseits eine personelle Ausdehnung bedeutet, sodass neue KundInnen für ein Produkt gefunden werden. Innovation führt insgesamt zu technischem Wandel. In der Ökonomie wird davon ausgegangen, dass sich die Verwendung neuer Produkte und Prozesse nutzbringend darstellt. Dabei ist auch wichtig, dass technologische Innovationen notwendigerweise mit gesellschaftlichen Innovationen einhergehen, betont Steiner und führt dabei seine These an: Technologische Innovationen brauchen auch gesellschaftlichen Wandel. In weiterer Folge führte Schumpeter den Begriff der „kreativen Zerstörung“ ein, womit gemeint war, dass neue Produkte alte ersetzen beziehungsweise „zerstören“. Wenn eine Wirtschaft nicht im Stande ist, neue Produkte zu erzeugen, rechtzeitig vom Alten auf Neues umzusteigen, verliert sie an Wettbewerbsfähigkeit und Dynamik, wodurch auch Arbeitsplätze verlorengehen. Steiner verteidigt dies, indem er hervorhebt, dass durch eine Neuigkeit auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Zusammenfassend stellt Steiner fest, dass Innovation nicht stufenweise funktioniert, sondern kreisförmig: Innovation und Intention entstehen nicht durch den Forschergeist, sondern auch durch die Wünsche, Vorstellungen und Kritiken der Kundinnen. In diesem Sinne existiert durchaus eine Rückkoppelung im System, was bedeutet, dass Innovation keine rein technische/technologische Angelegenheit ist, sondern Kooperation benötigt. Darüber hinaus gibt es nicht nur Innovation, sondern ganze Innovationssysteme. Dazu werden Ausbildungssysteme, Formen der Förderung von Forschung, aber auch Kooperation zwischen Betrieben benötigt. Insofern funktioniert Innovation nicht nur durch Wettbewerb, sondern wesentlich auch durch Kooperation, wie Steiner hervorhebt.

Im zweiten Teil seines Vortrages führt Steiner den Aspekt der Kreativität ein. Er definiert sie prinzipiell als die Fähigkeit, Neues zu erfinden, schöpferisch zu handeln, Bekanntes in einen neuen Zusammenhang zu stellen oder den Bruch in althergebrachten Denk- und Handlungsroutinen zu vollziehen. Damit geht auch Widerstand gegen Bestehendes einher. Steiner bezieht sich auf die Begriffe Cultural Industries und Creative Industries, welche einem Bedeutungswandel unterliegen, und verweist dabei auf Adorno, der einen Gegensatz zwischen Kunst und Kultur sowie Wirtschaft sah, ehe man in den 80er Jahren auf die Creative Industry aufmerksam geworden ist. Dieser mittlerweile bedeutende Wirtschaftssektor fordert Kreativität und Talent als wesentlichen neuen Teil der Wirtschaft mit Potential für Wertschöpfung und Beschäftigung. Steiner führt hierbei eine Studie aus dem Jahr 2006 an, welche die Creative Industries steiermarkweit untersucht hat, und betont, dass damals 10% der Beschäftigten in diesen kreativen Industrien tätig waren. Auch ist festzustellen, dass sich diese Beschäftigung stark auf Städte konzentriert, doch nicht ausschließlich. Als Schlüsselkonzept für das erfolgreiche Funktionieren dieser Industrien führt Steiner die drei Schlüsselelemente nach Richard Florida an: Talent, Technologie, Toleranz. Dabei stellt Steiner die Frage, ob es nur Städte sind, die kreativ sein können und ob Kreativität etwas ist, das man hat oder nicht hat. Er beantwortet die erste Frage mit einem klaren Nein und betont, dass auch ländliche Regionen kreativ sein können. Zur zweiten Frage bemerkt er, dass es nicht nur die Kreativen und die Nicht-Kreativen gibt, sondern dass Kreativität ein Kontinuum darstellt und Kooperation voraussetzt.

Freitag, 17. Mai 2013