Zeit und Ökologie

Barbara Soritz ist Tierzüchterin und Vorstand der ArcheAustria, ein Verein zur Erhaltung seltener Nutztierrassen.

Barbara Soritz betont, dass Zeit vordergründig etwas ganz Persönliches darstellt. Sie selbst hat den Faktor Zeit schon sehr verschieden wahrgenommen. Ihr persönliches Zeitempfinden ist durch ihre Biographie bestimmt: Eigentlich ist Soritz Berlinerin, also ein Großstadtkind, dessen Welt immer schnell war. Im Alter von 25 Jahren suchte sie die Veränderung und hat sich schließlich mit ihrem Mann in Richtung Süden gemacht – zu Fuß. Sie brauchten zwei Monate, ehe sie in die Südsteiermark gekommen sind, wo sie angefangen haben, auf einer Alm zu arbeiten. Im Zuge dieser Arbeit ergab sich ein neues Gefühl von Zeit: Wenn man als SennerIn arbeitet, hört die offizielle Welt Ende Mai auf, man geht auf den Berg und kommt erst Ende Oktober wieder zurück – währenddessen steht die Zeit still. Für Barbara Soritz ist das Eintauchen in den jahreszeitlichen Zyklus als Bäuerin etwas Heilsames. Je besser sie den natürlichen Zeitablauf wahrgenommen hat, desto besser fühlte sie sich, auch als Bäuerin. Eingedenk dessen kritisiert sie den Zeitdruck, den wir selbst überall erzeugen und der uns sowie unsere Umwelt krank macht.
    
Dass Zeit mit Geld gleichzusetzen ist, lehnt sie entschieden ab. In der Tierzucht wird versucht, dies den Bauern einzureden: Je schneller ein Tier schlachtreif ist, desto schneller wird es zu Geld. Wir betrachten die Tiere als Produkt und nicht mehr als Wesen, konstatiert Soritz. Der Mensch nimmt durch das Produkt sowohl die negative als auch die positive Energie des Tieres auf; eine solche negative Energie entsteht beispielsweise durch Massentierhaltung. Diesbezüglich stellt Soritz fest, dass sich eine Veränderung hinsichtlich des Konsumverhaltens eingestellt hat: Früher war es wichtig, direkt an den Höfen einzukaufen. Heute ist der Großteil der Produkte in Supermärkten zu finden, wobei jedoch das Vertrauen darunter leidet, das im direkten Kontakt zum Bauern noch wesentlich größer war. Abschließend fordert sie mehr Wertschätzung für die Leistung der Bauern.

Freitag, 06. Mai 2011