KOOPERATION STATT KONKURRENZ

Martin Krusche ist praktizierender Künstler von Gegenwartskunst und Repräsentant einer „Kunst unter Bedingungen der Vernetzung“, in der er verschiedene Kunst-Genres kombiniert.

Martin Krusche beschäftigt sich als Künstler und Kulturvermittler immer wieder mit der Frage nach den Umgebungsbedingungen im eigenen Lebensraum und der Regionalentwicklung. In seiner Arbeit sind es drei Systeme, die zusammenwirken: Stadt, Markt und Zivilgesellschaft. Stadt bedeutet Politik und Verwaltung: zwei Bereiche, die höchst unterschiedlich funktionieren. Markt meint Wirtschaftstreibende und Unternehmen. Unter Kunst sind diverse Kunst- und Kulturformen zu verstehen. Hierbei betont Krusche, dass es „die Wirtschaft“ nicht gibt. 60% der Gesamtbetriebe sind Ein-Personen-Unternehmen, die eine Beteiligung an Kunst- und Kulturprojekten finanziell nicht tragen können. Über 90% sind Klein- und Mittelbetriebe, welche die Mittel teilweise aufbringen können, um solche Projekte mitzufinanzieren. Weniger als 10% sind Großunternehmen, die kaum in die Region investieren. Krusche betont, dass es darum geht, die unterschiedlichen Systeme temporär zu synchronisieren. Wichtig ist dabei, dass kein System andere dominiert, da sonst keine längerfristigen Kooperationen stattfinden können.

Zu Beginn einer solchen Kooperation stehen Fragestellungen oder Themen, die die unterschiedlichen Systeme gleichermaßen interessieren. Als nächstes müssen gemeinsam Geldmittel aufgestellt werden, um Leitbilder zu erarbeiten. Die Schwierigkeit besteht dabei jedoch in der Einengung, welche von diesen Leitbildern verursacht wird und Kooperation mitunter erschweren kann. Eine weitere Aufgabe besteht in der Erbringung der Grundlagen, welche seitens vieler EU-Programme gefordert werden: so zum Beispiel das Bottom-Up-Prinzip, welches eine rege BürgerInnenbeteiligung voraussetzt. Krusche verweist auf das österreichische Kulturförderungsgesetz, welches für kooperative Projekte nützlich ist. Eingedenk dessen kritisiert er den ungenauen Umgang mit Begrifflichkeiten. Diese sind nötig, um konstruktiver miteinander zu reden oder streiten zu können. In diesem Sinn ist der Begriff der Gegenwartskunst auf regionaler Ebene oft relativ unbekannt. Jenseits der urbanen Kunstszene hat sich ein Milieu entwickelt, das sich vom städtischen Kunstschaffen unterscheidet. Krusche schlägt daher vor, Projekte in einen hierarchiefreien Raum zu verlegen: Kein Genre steht dabei über einem anderen. Es ist unabdinglich, bei den Rahmenbedingungen anzusetzen, was Diskursarbeit nötig macht, die in Krusches Milieu seit langem vernachlässigt wurde. Insofern fordert er mehr Kontroversen und Diskussionen um die Kunst. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, welches kulturelle geistige Klima in unserem Lebensraum bevorzugt werden soll und inwieweit wir selbst in der Lage sind, dieses zu entwickeln beziehungsweise welche Verantwortungen und welche Arten von Kooperation dafür übernommen werden müssen. In Zeiten der Krise geht es darüber hinaus auch darum, wie geringere Mittel klüger eingesetzt werden können – eine funktionierende Kommunikation und eine kluge Koope­ration sind dabei die Voraussetzung.

Freitag, 17. Mai 2013