Einstieg für erfolgreiche Kooperationen zwischen Designerinnen und Handwerkerinnen, Rudolf Greger

Rudolf Greger ist Service- und Industrial-Designer. Nach ihm bedeutet designen, Wege zu ersinnen eine vorgefundene ungünstig erlebte Situation in eine gewünschte zu ver­wan­deln. Design kann das Alltagsleben vereinfachen.

Rudolf Greger ist seit über 25 Jahren im Designbereich selbstständig und beschäftigt sich dabei auch intensiv mit Servicedesign. Eingangs zitiert er das Ergebnis einer britischen Studie aus dem Jahr 2004, wonach Unternehmen, die Design in ihre Produktion einfließen lassen, wirtschaftlich signifikant besser abschneiden und an der Börse viel höher bewertet werden als vergleichbare andere Unternehmen, die auf Kooperationen mit DesignerInnen verzichten. Auch eine schwedische Studie aus dem Jahr 2011 kam zu dem Ergebnis, dass Design ein Unternehmen wesentlich bereichern und wirtschaftlich profitabler machen kann. Das Design Management Institute hat heuer, 2014, das Ergebnis einer ihrer Studien publiziert, wonach Unternehmen, die Designdienstleistungen nutzen bessere Marktkapitalisierungen an der Börse von plus 228% aufweisen. Greger konkludiert daraus, dass Design der Schlüsselfaktor für wirtschaftlichen Erfolg ist. Er fordert, Design zu einem zentralen Bestandteil jeder Unternehmensstrategie zu machen, wenn das Unternehmen langfristig erfolgreich sein möchte. Gleichzeitig ist er der Überzeugung, dass jene Unternehmen, die auf Design verzichten, mittelfristig wirtschaftliche Probleme bekommen werden.
Doch was ist eigentlich Design? Greger nennt Beispiele aus der Designgeschichte und beginnt dabei in den 1980ern, als Design erstmals in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert wurde. Die Menschen setzten sich mit Design auseinander und es wurde salonfähig. Design versuchte anfangs auch verstärkt, „verrückte“ Kunst zu produzieren, die Leute damit aufzuwecken und zum Denken anzuregen; um den konkreten Gebrauch ging es dabei nicht wirklich. Problematisch gestaltete sich dabei jedoch, so Greger, dass Design damit auch in den Verruf kam, unbrauchbar zu sein. Für ihn ist Design die Disziplin, die „eine gegebene, vorgefundene Situation, die uns nicht gefällt, so verändern kann, dass sie einem Ideal nahe kommt.“ Anders ausgedrückt: Im Design geht es darum, das Leben der Menschen zu verbessern. Schnell wird dabei klar, dass es genau das ist, was HandwerkerInnen immer schon gemacht haben, nämlich das Leben ihrer KundInnen mit ihrer Arbeit zu verbessern.

Das Handwerk benötigt vor allem zwei AkteurInnen, nämlich HandwerkerInnen und KundInnen. Die Kundschaft benötigt eine Anfertigung, gibt diese in Auftrag und der Handwerksbetrieb fertig das gewünschte Produkt. Diese direkte Rückkopplung (»Feedback-Schleife«) funktionierte laut Greger lange Zeit ungestört. Mit den explosionsartig ansteigenden Bevölkerungszahlen wurde diese Rückmeldung vom Konsumenten zum Hersteller jedoch unterbrochen: Der Handwerksbetrieb wurde immer mehr von der Industrie abgelöst. Die industrielle Anfertigung, beispielsweise von Möbeln, konnte wesentlich zeit- und kostensparender durchgeführt werden. Die Feedback-Schleife, welche zuvor zwischen Kundschaft und Handwerk existiert hatte und deren wesentlicher Bestandteil die Rückmeldung der Gebrauchsgewohnheiten durch die KundInnen an die HandwerkerInnen war, hat sich überlebt. In der industriellen Produktion fällt die Rückmeldung seitens der Kundschaft an die an den Maschinen arbeitenden Menschen vollkommen weg. Daraus resultiert ein gänzlich neues Berufsbild: Industrial Design. Die IndustriedesignerInnen entwerfen Produkte, die industriell gefertigt werden, wie etwa Kaffeemaschinen, Rasierapparate etc.

Rudolf Greger betont, dass man unter einem Produkt nicht nur einen Gegenstand verstehen kann, sondern auch einen Prozess oder eine Dienstleistung. Er stellt die Überlegung an, ob Produktdesign nicht auch vollkommen anders gedacht werden könnte, nämlich als Dienstleistung. Dabei führt er den Begriff des „Gestaltungseisbergs“ ein: Bei Design sieht man immer nur einen kleinen Teil dessen, was Design eigentlich ausmacht. Der Großteil wird oft schlichtweg übersehen oder nicht beachtet, wird nicht »designt«: die Handhabung, der Verkaufsprozess, das Erlebnis des Verkaufs, das Geschäftsmodell. »Designt« heißt hier, bewusst gestaltet zum Vorteil des Kunden, dabei gleichzeitig kaufmännisch sinnvoll. Der Erfolg eines Produkts ist laut Greger dann garantiert, wenn dieser Gestaltungseisberg zur Gänze bearbeitet wird und nicht nur das Hauptaugenmerk auf der Spitze liegt, dem sichtbaren Gegenstand. Hierin liegt das Potential von Design: gut funktionierende Produkte, die auch optisch ansprechen (also ihre Qualität vermitteln), eingebettet in Prozessen, die aus Kundensicht gestaltet wurden, unter Beachtung von technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Anders ausgedrückt: Gegenstände, die gefallen, nützlich sind, als qualitativ hochwertig erlebt werden und deren Kauf, Gebrauch und Entsorgung oder Reklamation dem Konsumenten ein Lächeln ins Gesicht zaubert, sprich die ursprüngliche Kaufmannstugend. Eingedenk dessen plädiert Greger dafür, Design in seiner Querschnittsfunktion zu nützen und in Kooperation mit DesignerInnen den gesamten Gestaltungseisberg anzugehen.

Donnerstag, 27. November 2014

 

 

Die zweitägige Veranstaltung "Kreativität braucht das Land!" wird im Rahmen des EU-Projektes „CREATIVE - Kreative Wertschöpfungskette“ umgesetzt und gefördert:

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